energate News: Europas Vorreiterrolle beim Wasserstoff nicht gesichert

Brüssel (energate) - Europa droht seine Vorreiterrolle beim Wasserstoff einzubüßen. Davor warnt der Chef des Europäischen Branchenverbandes Hydrogen Europe, Jorgo Chatzimarkakis, im Interview mit energate. Mit der EU-Wasserstoffstrategie im Jahr 2020 habe Europa weltweit eine Wasserstoffeuphorie ausgelöst. Viele Staaten hätten erst daraufhin angefangen, sich überhaupt mit dem Business Case Wasserstoff zu beschäftigen. "Wir waren international die ersten mit unseren Initiativen, aber nun besteht die Gefahr, dass wir den Anschluss verlieren", warnte Chatzimarkakis im Gespräch mit energate.
Als Beispiel nannte er Indien. Das Land haben den Willen, eine Wasserstoffnation zu werden, eine Stahlproduktion als potenzieller Abnehmer ist dort ebenfalls vorhanden. Europa könnten damit ganze Wertschöpfungsketten wegbrechen. In den USA hat die Regierung von US-Präsident Biden mit dem Inflation Reduction Act Pläne auf den Weg gebracht, die die Produktion von Wasserstoff dort deutlich günstiger machen können. Europa müsse auf die Entwicklungen reagieren, forderte Chatzimarkakis.

Schnelle Entscheidung zu Wasserstoffkriterien
Ein Problem: Seit langem gibt es auf EU-Ebene Diskussionen um die Rahmenbedingungen für die Herstellung von grünem Wasserstoff. Die EU-Kommission will nur solchen als grün einstufen, der aus zusätzlich gebauten Erneuerbaren-Anlagen stammt (energate berichtete). Aus Sicht der Unternehmen verzögert dies den Markthochlauf. Das EU-Parlament hatte zuletzt den Plänen der EU-Kommission widersprochen, nun stehen weitere Verhandlungen an. "Ich bin zuversichtlich, dass wir bald im Trilog zwischen EU-Parlament, Kommission und den Mitgliedsstaaten zu einer Lösung kommen", betonte Chatzimarkakis. Hydrogen Europe plädiert für einen flexiblen Einstieg in die Regulierung. Bis 2028 könnte dann auch Wasserstoff aus bestehenden Anlagen die Kriterien erfüllen. Grundsätzlich hält Chatzimarkakis die Vorgaben nur bei Wasserstoff für fraglich. "Wir müssen ja sehen, dass wir immer mehr Erneuerbaren-Strom erzeugen und in den Netzen haben. Wozu brauchen wir dann noch eine Nachweispflicht, die zusätzlichen Aufwand bedeutet?", fragte er

EU-Wasserstoffbank als Regelsetzer
Positiv bewertet der ehemalige Europaabgeordnete die Pläne von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für den Aufbau einer Wasserstoffbank. Sie ist Teil der Strategie der EU, sich von russischen Energieimporten zu lösen (energate berichtete). Die Bank soll zwar mit 3 Mrd. Euro über ein aus Sicht von Hydrogen Europe nur überschaubares Budget verfügen. Dieses Geld lasse sich aber durch weiteres öffentliches Geld hebeln und könne einiges bewirken, so Chatzimarkakis: "Das Risiko für Investoren in der Markthochlaufphase minimieren." Zudem könnte die Europäische Wasserstoffbank aus seiner Sicht eine weitere Funktion erfüllen, die der EU-Kommission gar nicht so bewusst sei. "Die Bank wird dafür sorgen, dass gewisse Standards beim Wasserstoff eingehalten werden. Ihr kommt da international eine wichtige Funktion zu", zeigte sich Chatzimarkakis überzeugt. Ausdrücklich lobte er die von der Bundesregierung gestartete Stiftung "H2 Global" zum Ankauf von Wasserstoff. Europa könnte sich aus seiner Sicht bei der Wasserstoffbank an dem Konzept orientieren.

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