energate News: "Wasserstoff entscheidende Klammer in der Klimapolitik"

Brüssel (energate) - Wasserstoff kann die "entscheidende Klammer" in der Klimapolitik sein. Die Parteien der Ampel haben dies in ihren Wahlprogramm bereits erkannt. Und auch bei der Finanzierung der notwendigen Investitionen gibt es Kompromissmöglichkeiten.


Ein Gastkommentar von Jorgo Chatzimarkakis, CEO von Hydrogen Europe
 
”Die mögliche Regierungsbildung tritt jetzt in die entscheidende Phase. Jetzt kommt es auf Konsensfähigkeit an, die allen Parteien etwas bringt. In der Klimapolitik kann Wasserstoff die entscheidende Klammer sein, um gemeinsame politische Ziele zu erreichen. 22 Gruppen verhandeln über die Eckpunkte der neuen Regierung. 22 Chancen, die großen Herausforderungen mit kluger Politik zu bewältigen. Die Klimapolitik gilt als ein Punkt, der besonders heikel ist. Denn die künftigen Partner stehen hier vor besonderen Herausforderungen. Es muss jetzt darum gehen, das 1,5 Grad-Ziel zu erreichen - so wie es auch im Sondierungspapier steht - aber gleichzeitig eben auch darum, zu dekarbonisieren ohne zu deindustralisieren.
 
Mit Wasserstoff lassen sich eine Vielzahl von zentralen politischen Fragen im Bereich des Klimaschutzes lösen und zugleich auch Chancen schaffen: neue Arbeitsplätze in der Industrie, dynamisches Wirtschaftswachstum bis hin zu zügiger Klimaneutralität. Schaut man sich verschiedene Wortmeldungen seit der Wahl an, dann wird klar, wie wichtig das Thema ist. Annalena Baerbock nannte als eines der zentralen Ziele ihrer Partei die "Transformation der Industriegesellschaft hin zu einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft". Die FDP setzt auf smarte Technologien, auf dem Parteitag vor der Wahl sprach Parteichef Christian Lindner sogar von "German engineered Klimaschutz".
  

Wasserstoff hat das Potenzial für viele Herausforderungen

 
Wasserstoff stellt eine Lösung dar, die eine ökologische Marktwirtschaft ermöglicht und gleichzeitig die Energieversorgung der Industrie nicht gefährdet. Bis vor einigen Jahren galt Wasserstoff als eine allein bei den Experten bekannte "Nischentechnologie". Seit Juni 2020 hat sich dies geändert: Damals wurde Wasserstoff durch die neue Strategie der EU-Kommission als zentraler Bestandteil der europäischen Klimapolitik definiert. Ein Momentum, das auch die deutsche Politik identifizierte. 62 Wasserstoff-Projekte wurden noch vor Ablauf der Legislaturperiode aufgesetzt.
  

Ampel-Parteien pro Wasserstoff


Welche Bedeutung Wasserstoff für die Parteien einer möglichen Ampel-Koalition hat, liest man in ihren Wahlprogrammen: Bündnis 90/Die Grünen setzen bei ihrer Wasserstoffstrategie auf "Priorisierung und ein umfassendes Förderprogramm zur Schaffung von Kapazitäten". Auch fordern sie die Schaffung einer Importinfrastruktur. Für die sektorale Strukturförderung wird auf Europa gesetzt. "Mehr Tempo beim Wasserstoff" wollen auch die Freien Demokraten machen: So möchten sie Wasserstoff als "zweite Säule des künftigen Energiesystems" etablieren. Auch die geforderte "Europäische Wasserstoffunion" sowie eine gemeinsame EU-Energieaußenpolitik sind sinnvoll. Die SPD fordert völlig zu Recht "mehr Tempo beim Ausbau der Wasserstoffleitungen" und setzt unter anderem auf die Unterstützung von "Schlüsselindustrien auf ihrem Weg zur Klimaneutralität und Entwicklung sowie Förderung konkreter Transformationsziele".
  

Sustainable Quantitative Easing als Kompromiss


Die Ampel-Parteien haben also das gemeinsame Ziel, den Klimaschutz in Deutschland nach vorne zu bringen. Einzig das "Wie?" unterscheidet sich. Während es das Anliegen vor allem von SPD und FDP ist, die Dekarbonisierung ohne Deindustrialisierung zu meistern, setzen Bündnis 90/Die Grünen insbesondere auf neue Schulden, um den Klimaschutz voranzutreiben. Für die FDP wäre dies ein Tabu. Ein Kompromiss wäre jedoch möglich. Das Zauberwort nennt sich "Sustainable Quantitative Easing" - zu Deutsch: nachhaltige quantitative Lockerung. Es handelt sich um das außerordentliche Instrument der Zentralbanken, das bereits seit der Finanzkrise angewandt wird. Auf diesem Weg können gezielt Investitionsmaßnahmen für den Klimaschutz getroffen werden. Solange diese nach klaren Zielen geregelt sind, fungiert die nachhaltige quantitative Lockerung auch nicht als Katalysator für die Inflation, zumal zusätzlich massive private Investitionen von Unternehmen und entsprechenden Fonds nachhaltigen Kriterien unterworfen werden.

Ob letztlich eine Ampel-Koalition zustande kommt, ist noch ungewiss. Für den Industriestandort Deutschland, die Wirtschaft und auch die Gesellschaft wäre es jedoch wünschenswert, dass sich die Regierungsbildung nicht in die Länge zieht. Für die wichtigen Reformen im Sinne eines industriellen Klimaschutzes müssen die Weichen rechtzeitig gestellt werden.”

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