Dr. Thomas Becker
Geschäftsführer, Thyssengas GmbH
Wie lässt sich Wasserstoff in das System der Energiewirtschaft am besten integrieren?
Die Integration von Wasserstoff in das Energiesystem ist ein vielschichtiger Prozess, der eine koordinierte Anstrengung auf verschiedenen Ebenen erfordert. Der erste, aber entscheidende Schritt hierfür: Der Aufbau der Wasserstoff-Infrastruktur. Denn nur so gelangt der Wasserstoff dorthin, wo er benötigt wird – zu der Industrie.
Wir bei Thyssengas setzen hier an: In enger Zusammenarbeit mit den anderen Fernleitungsnetzbetreibern (FNB) gestalten und planen wir aktuell das Grundgerüst der H2-Infrastruktur, das H2-Kernnetz. Damit schaffen wir Planungssicherheit für alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette.
Was braucht der Wasserstoffmarkt im Jahr 2024?
Kurzfristige Entscheidungen: Noch in diesem Jahr soll über die finale Ausgestaltung des H2-Kernnetzes entschieden werden. Im Juli 2024 haben wir FNB den finalen Antrag für das H2-Kernnetz eingereicht – ein Meilenstein auf dem Weg zum H2-Hochlauf. Aktuell warten wir auf die finale Bestätigung der BNetzA. Desweiteren muss nun rasch die Implementierung des regulatorischen Rahmenwerks erfolgen, um Sicherheit in den Markt zu geben. Dazu zählt ebenso die zeitnahe Konkretisierung des Marktdesigns, an der wir als Branche bereits intensiv arbeiten.
Kooperation und Zusammenarbeit: Die Wasserstoff-Wirtschaft ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Langfristige und enge Kooperationen zwischen den verschiedenen H2-Akteuren sind entscheidend, denn nur wenn alle Akteure an einem Strang ziehen, gelingt die H2-Transformation. Eine zentrale Rolle kommt dabei dem Staat zu, den Marktteilnehmern Sicherheit und eine langfristige Perspektive zu bieten.
Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren: Der Zeitplan für die eigentliche Umsetzung der H2-Leitungen ist eng getaktet. Daher braucht es politischen Rückenwind und eine Beschleunigung sowie Vereinheitlichung von Planungs- und Genehmigungsverfahren.
Wie bewerten Sie beyondgas2024 als Bindeglied des Wasserstoffmarktes? Was gefällt Ihnen?
Neben dem Aufbau des H2-Kernnetzes braucht es weitere Parameter für einen erfolgreichen Markthochlauf. Es kommt ebenfalls auf das richtige Zusammenspiel der Akteure an. beyondgas2024 bietet dafür eine Plattform. Ich freue mich insbesondere auf den Austausch, die Chance, neue Erkenntnisse rund um den H2-Hochlauf zu gewinnen und einen Impuls für die künftige H2-Wirtschaft zu setzen.
Welche Botschaften vermitteln Sie in Ihrem Beitrag?
Der Aufbau einer deutschlandweiten Wasserstoff-Transportinfrastruktur ist entscheidend für den Erfolg der Wasserstoff-Wirtschaft und die Reduzierung von CO2-Emissionen in Industrie und Mittelstand. Das H2-Kernnetz bildet dabei das Herzstück der künftigen Wasserstoff-Transportinfrastruktur. Die finale Antragsabgabe (22. Juli) des H2-Kernnetzes ist ein wichtiger Meilenstein für den Wasserstoff-Markthochlauf.
Das H2-Kernnetz ist ein Netz für den Markt, mit dem Markt. Um den Aufbau des H2-Kernnetzes zum Erfolg zu führen, braucht es weiterhin vereinte Kräfte, es ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Die Akteure entlang der H2-Wertschöpfungskette sind gefragt, ihr Commitment entscheidet perspektivisch über die Umsetzung der Leitungen und damit den Markthochlauf. Denn das Netz folgt dem Markt.
Gemeinschaftsaufgabe bedeutet ebenfalls, dass es stabile politische Rahmenbedingungen braucht, um die notwendigen Investitionen in die H2-Infrastruktur über einen langen Zeitraum auslösen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich beim Wasserstoffhochlauf um den Aufbau eines komplett neuen Marktes handelt und Investitionen in die Wasserstoffinfrastruktur in Konkurrenz zu anderen, weniger risikoreichen Anlageklassen im Infrastrukturbereich stehen.