energate News: Geplantes Wasserstoff-Kernnetz ist überdimensioniert

Berlin (energate) - Laut einer Studie ist das von den Fernleitungsnetzbetreibern (FNB) geplante Wasserstoff-Kernnetz deutlich überdimensioniert. Zu dieser Einschätzung kommt zumindest eine Kurzanalyse der Beratungsgesellschaft Aurora Energy Research für die Initiative Energien Speichern (Ines). "Auroras grobe Prüfung im Rahmen der Kurzanalyse zeigt, dass eine weitergehende detaillierte Analyse notwendig ist, um die Auswahl robuster Kernnetz-Bestandteile zu identifizieren", fasste Aurora-Principal Frederik Beelitz das Ergebnis in einer Mitteilung von Ines zusammen. Ines-Geschäftsführer Sebastian Heinermann ergänzte dazu, das Wasserstoff-Kernnetz scheine vielmehr ein Wasserstoff-Zielnetz zu sein und die Wahrheit sei, dass wir das Ziel noch gar nicht genau sehen können.

Der Verband der Fernleitungsnetzbetreiber, FNB Gas, hatte am 15. November den Entwurf eines Kernnetzes mit einer Länge von 9.700 Kilometern vorgelegt. Die für das Jahr 2032 angenommene Einspeiseleistung in das Netz beträgt 101 GW, davon werden 58 GW über insgesamt 13 Grenzübergangspunkte importiert. 15 GW werden in Deutschland in Elektrolyseuren erzeugt. Die erwartete Ausspeiseleistung im Jahr 2032 beträgt 87 GW, davon allein 62 GW aus KWK-Anlagen. Die FNB gehen von 3.500 Vollbenutzungsstunden und damit einer Gesamtmenge von 279 TWh aus.

Zusammensetzung der Nachfrage unterschiedlich

Aurora hat diese Annahmen mit den eigenen Modellierungen und Szenarien abgeglichen. In diesen liegt die Wasserstoffnachfrage 2030 zwischen 73 und 123 TWh, der größte Anteil der Nachfrage entfällt, anders als in der FNB-Modellierung für das Kernnetz, auf die Industrie. Die unterschiedliche Zusammensetzung der Nachfrage in den FNB-Planungen und den Aurora-Szenarien habe einen großen Einfluss auf die Netzplanung, schreiben die Berater. "Auf der Basis des unterjährigen Nachfrageprofils müssten inländische Wasserstoffproduktion, Importkapazität und Speicher im Planungsprozess in ihrem Zusammenspiel betrachtet und ein optimaler Einsatz angenommen werden", lautet eine ihrer Schlussfolgerungen.

Aurora: Nur 24 Prozent künftig über Pipelines

Auf der Angebotsseite sieht Aurora unter anderem die Annahmen über den Pipeline-Import als kritisch an. Die Berater erwarten in ihren eigenen Modellierungen, dass langfristig lediglich 24 Prozent der benötigten Wasserstoffimporte über Pipelines erfolgen. Der geplante Ausbau der Pipeline-Grenzübergangspunkte werde deshalb auch langfristig überdimensioniert sein, argumentieren die Berater. Dies entspricht allerdings nicht der Einschätzung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). Bei der Vorstellung einer Studie zum Wasserstofftransport durch die deutsche Sektion des Weltenergierates im Dezember hatte die zuständige Referatsleiterin im BMWK, Christine Falken-Grosser, betont, mittel- und langfristig präferiere das Ministerium den Pipelineimport von Wasserstoff. Die für 2023 angekündigte Wasserstoff-Importstrategie fehlt aber noch.

Durchaus im Sinne des Auftraggebers lautet das Gesamtfazit von Aurora ein verstärkter Fokus auf Speicher könne also die zentralen Risiken bei der Netzplanung reduzieren. Allerdings sagen die Speicherbetreiber selbst, ohne eine staatliche Unterstützung seien sie zu den notwendigen Investitionen nicht in der Lage.

Konsultation des H2-Kernnetzes endet am 8. Januar

Abschließend wird über die Dimensionierung des Kernnetzes die Bundesnetzagentur entscheiden. Eine erste Konsultation des aktuellen Entwurfs endet am 8. Januar. Die FNB sollen die Ergebnisse der Konsultation in ihren finalen Entwurf einarbeiten. Die EnWG-Novelle mit den Regelungen zum Wasserstoff-Kernnetz ist am 29. Dezember 2023 in Kraft getreten. Innerhalb von drei Wochen, mit Zustimmung der Regulierungsbehörde spätestens vier Monate nach diesem Datum, müssen die FNB den finalen Entwurf des Kernnetzes einreichen, den die Behörde nach einer Konsultationsphase gegebenenfalls mit Änderungen genehmigen muss.

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