energate News: Studie - Niedrige Kosten sprechen für Wasserstoff im Wärmemarkt
Berlin (energate) - In der Verteilungsdebatte um den Einsatz von grünem Wasserstoff kann der Wärmemarkt mit Blick auf die CO2-Vermeidungskosten ganz klar punkten. Diesen Standpunkt vertraten DVGW-Präsident Michael Riechel und DVGW-Vorstandsvorsitzender Gerald Linke im Gespräch mit energate.
Vor allem mit Blick auf eine sozialverträgliche Energiewende sei es sinnvoll, den Wärmemarkt von Anfang an einzubeziehen und gleichzeitig den Zeitvorteil zu nutzen, der sich aus der bereits vorhandenen Gasinfrastruktur ziehen lässt. Die Beimischung von Wasserstoff könne einfach und ohne hohe Investitionen CO2-Emissionen senken.
Ihre Argumentation stützen die beiden auf eine aktuelle Studie, die die Vereinigung der Gaswirtschaft beim Beratungsunternehmen Frontier Economics in Auftrag gegeben hat. Die Ergebnisse lagen energate vorab vor. Die Berater haben sich vier Anwendungsfälle von Wasserstoff in der Industrie, im Verkehr und in der Wärmeversorgung näher angesehen und in je drei Szenarien mit unterschiedlichen Wasserstoffpreisen zwischen 75 und 150 Euro/MWh durchkalkuliert. Im Verkehrssektor wurde dabei die Umstellung eines Logistikzentrums mit 55 LKWs von Diesel auf Brennstoffzelle betrachtet. In der Industrie hat die Studie die Umrüstung eines Stahlwerks von der Hochofenroute auf Direktreduktion mit Wasserstoff und den Ersatz von grauem Wasserstoff in der Ammoniakproduktion untersucht. Bei der Anwendung im Wärmemarkt handelt es sich um die Beimischung von 20 Prozent Wasserstoff in das Gasverteilnetz einer Stadt mit rund 500.000 Einwohnern.
Unterschiedliche Kostentreiber
Die Untersuchung von Frontier Economics zeigt, dass es verschiedene Kostentreiber gibt. So werden die Werte in der Verkehrsanwendung getrieben von hohen Systemkosten, weshalb der Fall nur wenig auf die unterschiedlichen Wasserstoffpreise reagiert. Anders sieht es beim Ammoniak aus, wo ohnehin schon Wasserstoff zum Einsatz kommt und fast gar keine Systemkosten entstehen. Auch im Gasnetz fallen die Systemkosten eher gering aus. Dabei geht es in erster Linie um den Schutz vulnerabler Kunden, die eine Wasserstoffbeimischung nicht vertragen, wie zum Beispiel Erdgastankstellen. Hier müssen vor Ort Filteranlagen errichtet und betrieben werden.
Die größten Hebel bei der CO2-Einsparung sehen die Studienautoren im Verkehr und in der Stahlproduktion, weil hier Diesel und Kohle verdrängt werden. Im Wärmemarkt fällt das CO2-Einsparpotenzial mit der Verdrängung von Erdgas dagegen vergleichsweise gering aus, heißt es. Bei einer normierten Betrachtung der CO2-Vermeidungskosten kann der Wärmemarkt bei niedrigen Wasserstoffkosten aber deutlich effizienter zur Treibhausgasreduktion beitragen als andere Sektoren. Frontier Economics errechnet für den Einsatz von 14 TWh Wasserstoff im Verkehr CO2-Vermeidungskosten in einer Spanne von 2,5 bis 4,9 Mrd. Euro - abhängig vom Wasserstoffpreis. Damit ließen sich zwischen 2,7 und 3,8 Mio. Tonnen CO2 im Jahr einsparen. In der Stahlproduktion lassen sich 9,6 bis 10,7 Mio. Tonnen CO2 im Jahr vermeiden, die Kosten liegen hier zwischen 1,3 und 2,6 Mrd. Euro.
Kein Mangel an Wasserstoff
2,6 Mrd. Euro bilden auch die Obergrenze der Vermeidungskosten im Wärmemarkt, allerdings geht es hier runter bis auf 0,7 Mrd. Euro. 1,6 bis 2,7 Mio. Tonnen CO2 lassen sich pro Jahr einsparen. Bei Ammoniak betragen die Einsparungen zwischen 3,5 und 4,6 Mio. Tonnen pro Jahr, die Kosten liegen zwischen 0,4 und 1,7 Mrd. Euro.
Weil niedrige Wasserstoffpreise die CO2-Vermeidungskosten damit schnell absenken können, sollte der Einsatz von Wasserstoff im Wärmemarkt nicht vorschnell ausgeklammert werden, empfehlen die Studienautoren. Sie halten dabei auch die Annahme für falsch, dass grüner Wasserstoff ein knappes Gut sein wird. Der Energieträger könne problemlos transportiert und damit aus anderen Ländern importiert werden. International sei ausreichend Potenzial für die Produktion von grünem Wasserstoff vorhanden.